Das Festspielgelände während der Weimarer Republik

Die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen waren einerseits geprägt von dem Wunsch, die zuvor bestehenden Projekte der Lebensreformbewegung in der Gartenstadt wiederzubeleben. So gründete der Architekt Heinrich Tessenow die Hellerauer Handwerkergemeinde nach dem Vorbild mittelalterlicher Handwerkersiedlungen, und drei in Hellerau von Jaques-Dalcroze Ausgebildete eröffneten die Neue Schule für Rhythmik, Musik und Körperbildung. Alle Projekte litten unter der Weltwirtschaftskrise oder mussten dem stärker werdenden politischen Druck der Nationalsozialisten weichen.

Wiederbelebung der Projekte der Lebensreformbewegung

Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war Wolf Dohrn im Februar 1914 bei einem Skiunfall ums Leben gekommen. Sein Bruder Harald Dohrn (1886–1945) hatte daraufhin das Amt des Geschäftsführers der Bildungsanstalt übernommen. Nach dem Ende des Krieges versuchte er zusammen mit dem Architekten Heinrich Tessenow und dem Verleger Jakob Hegner, die zuvor bestehenden Projekte der Lebensreformbewegung in der Gartenstadt wiederzubeleben.

Die Hellerauer Handwerkergemeinde

Heinrich Tessenow kehrte im Sommer 1918 endgültig von Wien in die Gartenstadt zurück und gründete sogleich die Hellerauer Handwerkergemeinde, die in der Öffentlichkeit große Beachtung fand und bis 1926 bestand. Die Gemeinde grenzte sich bewusst von jeglicher maschineller Produktion von Kunstgewerbeprodukten ab und stand damit in einem ideellen Widerspruch zur Praxis der Deutschen Werkstätten. Tessenow sah in den mittelalterlichen Handwerkersiedlungen mit Meister, Geselle und Lehrling unter einem Dach und hierarchischer Ordnung das Ideal für ein organisch gewachsenes menschliches Zusammenleben. Von Hellerau aus rief er zur flächendeckenden Gründung derartiger Kleinstadtsiedlungen auf, dieses Sozialexperiment konnte sich aber nicht durchsetzen.

Die Neue Schule für Rhythmik, Musik und Körperbildung

Nach seinem Aufenthalt in der Schweiz war Emile Jaques-Dalcroze nicht mehr nach Hellerau zurückgekehrt. Christine Baer-Frisell (1887–1932), Valeria Kratina (1892–1983) und Ernst Ferand-Freund (1887–1972) hatten einst bei Dalcroze Unterricht erhalten. Im Jahr 1919 gründeten sie die Neue Schule für Rhythmik, Musik und Körperbildung, die bis 1923 in Hellerau bestand. Ihr blieb zwar der große internationale Erfolg der ersten Rhythmikschule versagt, doch hatte sie den Grundstein für eine Wiederbelebung des Reformgeistes in der Gartenstadt gelegt. Zudem übernahm die Rhythmikschule gemeinsam mit der Handwerkergemeinde und mit den in den ersten Nachkriegsjahren gegründeten Reformschulen die Verantwortung für die pädagogische Ausbildung der in der Gartenstadt lebenden Kinder.

Weltwirtschaftskrise und politischer Umschwung

Alle Reformprojekte litten unter der Weltwirtschaftskrise und mussten bis Mitte der Zwanzigerjahre aus finanziellen Gründen ihren Betrieb einstellen. Hinzu trat der Anfang der Dreißigerjahre immer stärker werdende politische Druck der Nationalsozialisten. So musste z. B. die 1929 eröffnete Staatliche Wohlfahrtsschule aufgeben, und auch die Nutzung des Festspielhauses als Probebühne für die Staatsoper Dresden wurde beendet. Die Gebäude standen immer wieder leer oder wurden als Lager genutzt, bis Harald Dohrn schließlich 1935 seine Anteile an der Bildungsanstalt Hellerau verkaufte und fortzog. 1938 kaufte der Staat das Gelände und richtete dort eine Polizeischule ein.