Das Festspielhausgelände im Nationalsozialismus

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Festspielhausgelände kulturell an Bedeutung verloren, auch wenn der repräsentable Ort noch einige Male für Operninszenierungen genutzt wurde. 1938 entschied das Reichsinnenministerium, eine Polizeischule auf dem Gelände unterzubringen, wofür große Umbauarbeiten durchgeführt wurden, die das äußerliche Erscheinungsbild des Platzes maßgeblich veränderten. Fortan bestimmte das Militär die Nutzung des Geländes. Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs war an eine kulturelle Nutzung des Areals nicht zu denken, da die Rote Armee bis zum Jahr 1992 vor Ort blieb.

Kulturverlust

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Festspielhausgelände an Bedeutung verloren – einerseits durch die finanziellen Schwierigkeiten aufgrund der Weltwirtschaftskrise, andererseits durch den Rückzug der künstlerischen und kulturellen Avantgarden, die einst den Ort international so anziehend machten. Die Phase der Fremdnutzungen dauerte bis in die 1930er-Jahre fort. Zeitweilige Tanzveranstaltungen und Vermietungen bildeten die Ausnahme. Ein kurzer Höhepunkt waren die Opernaufführungen der Staatsoper Dresden 1932. Es gab viele Ideen, das Festspielhaus und das umliegende Gelände zu nutzen, beispielsweise industriell durch eine Glühlampen- und Filmfabrik. 

Nach der Machtübernahme 1933 durch die Nationalsozialisten fügten sich auch die Akteure vor Ort langsam in die sich ausdifferenzierende NS-Gesellschaft ein. Es erwachte ein neues Interesse an dem repräsentablen Ort, der immer wieder für Inszenierungen von NS-Feierlichkeiten genutzt wurde. Diverse Ideen für die künftige Nutzung des Festspielhauses und dessen Etablierung im NS-Kulturleben standen im Raum. Für die erste Reichstheaterwoche in Dresden vom 27. bis 30.05.1934 wurde das Festspielhaus als Veranstaltungsort für mehrere Aufführungen der Staatsoper genutzt, wobei auch Joseph Goebbels den Ort besuchte. Daneben bestanden auch Pläne, eine Reichsschule für Musik und Theater einzurichten.

Militärische Nutzung und Umbau für die Polizei

Das militärische Interesse am Festspielhaus und den umliegenden Gebäuden wuchs zunehmend. Vorübergehend wurde das Festspielhaus 1936 an die Luftwaffe vermietet, die eigentliche Prägung erhielt das Gelände aber 1938, als das Reichsinnenministerium entschied, hier eine Polizeischule einzurichten. Dadurch wurde das Areal in den militärisch-industriellen Komplex im Dresdner Norden eingebunden, zu dem zahlreiche nahe Rüstungsbetriebe, aber auch die Luftkriegsschule Klotzsche zu zählen sind.

Es begannen umfangreiche Bauarbeiten, für die das Areal geräumt und für die Öffentlichkeit gesperrt wurde. Die großen eingeschossigen Pensionshäuser im Osten und Westen des Platzes wurden abgetragen. An ihrer Stelle entstanden unter Einsatz der neuesten Technik – beispielsweise des speziellen Tragwerks der Kroher-Binder für die Dachkonstruktion – zwei Kasernenflügel, die das äußerliche Erscheinungsbild des Platzes maßgeblich veränderten.

Etablierung vor Ort

Die neue Institution wurde vielfältig in den Ort integriert, etwa durch Lieferbeziehungen, und erhöhte die Nachfrage bei den örtlichen Dienstleistern und der Gastronomie. Die Entscheidung für den Militärstandort zog somit kaum Kritik nach sich und wurde schnell als Chance für die gesteigerte Bedeutung Helleraus begriffen.

Ab 1939 waren Angehörige der SS für die Ausbildung zuständig, so dass sich aus dem Polizeiausbildungsbataillon oft auch der Nachwuchs für die lokalen SS-Strukturen in Dresden rekrutierte, die in den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg im Osten involviert waren. Kurz vor Kriegsende versuchten die Hellerauer Einheiten zwar noch, das bereits zerbombte Dresden zu verteidigen, weil seit Mitte Februar 1945 das eingekesselte Breslau vom Militärflughafen Klotzsche versorgt wurde, doch nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht war auch das Festspielhausgelände von der Roten Armee erobert worden. Sie sollte bis 1992 die Eigentümerin des Platzes bleiben.