Das Leben in und neben der sowjetischen Kaserne

Die in Hellerau dienenden Soldaten kamen aus allen Teilen der Sowjetunion und leisteten hier ihren Wehrdienst ab. Als stumme Zeugen für ihre Anwesenheit fanden sich später unzählige, in die Mauern geritzte Inschriften – Dienstzeiten, Namen und Herkunftsorte. Viele höhere Offiziere hatten längere Zeitverträge, weswegen auch deren Familien in der Kaserne lebten, jedoch in einem sorgsam gehüteten sowjetischen Mikrokosmos. Kontakte zwischen Einheimischen und Armeeangehörigen waren ansonsten unerwünscht und nur auf offizieller Ebene im Rahmen der ideologisch verordneten deutsch-sowjetischen Freundschaft möglich. 

Soldat im Kalten Krieg

Die in Hellerau dienenden Soldaten kamen aus allen Teilen der Sowjetunion und leisteten hier ihren Wehrdienst ab. Abgeschottet von der Außenwelt, wurden sie zu Zeiten des Kalten Krieges auf den ständig zu erwartenden militärischen Ernstfall eingeschworen. Die Soldaten waren weitgehend rechtlos, Privatsphäre gab es keine. Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Jahrgängen war hierarchisch und nicht selten von Gewalt und Erniedrigung geprägt, die Kaserne durften die Wehrpflichtigen nur auf Befehl verlassen. Die rare Freizeit verbrachten sie lesend, beim Sport oder schlafend.

Freunde oder Feinde?

Einheimische und Armeeangehörige lebten Tür an Tür und doch in eigenen Welten. Intern unerwünscht, waren Kontakte zu Deutschen allenfalls Offizieren und Zivilisten gestattet, Soldaten war er strengstens verboten, vermeiden ließ er sich aufgrund der räumlichen Nähe dennoch nie ganz. Bis heute erinnern sich die Hellerauer an aufsehenerregende Zwischenfälle, viele haben aber auch die große Kinderfreundlichkeit der einfachen Soldaten nicht vergessen, die oft hin- und hergerissen waren zwischen ihrer Sehnsucht nach sozialen Kontakten und der auf notorischem Misstrauen fußenden politischen Schule, durch die sie gingen.

Auf offizieller Ebene begegneten sich Deutsche und Sowjets in Hellerau gemäß der ideologischen Doktrin der deutsch-sowjetischen Freundschaft betont freundlich. So bestanden Austauschbeziehungen zwischen dem Hellerauer Sanitätsbataillon und der Medizinischen Akademie Dresden sowie einem Dresdner Sanitätsbataillon der NVA mit regelmäßigen Freundschaftsbesuchen. 

Kindheit zwischen Äther und Kalaschnikow

Da insbesondere höhere Offiziere nicht selten Zeitverträge über drei, fünf oder gar sieben Jahre erhielten, lebten auch ihre Familien konstant auf dem Hellerauer Kasernengelände. Damit verbrachten mehrere Dutzend Kinder und Jugendliche bisweilen einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Dresden. Zwar hatten die Kinder mehr Freiheiten als die Soldaten, aber auch sie wuchsen in einem sorgsam gehüteten sowjetischen Mikrokosmos mitten in der DDR auf. Ein armeeeigener Schulbus hielt jeden Morgen vor dem schwer bewachten Haupttor, um sie zur Grundschule in Klotzsche oder zur Mittelschule im Armeestab zu bringen.

Versteckte Zeugnisse

Die meisten der durch Wehrmacht und Sowjets errichteten An- oder Neubauten sind mittlerweile abgerissen, jedoch erinnerten unzählige Inschriften auf Betonmauern und Häuserrückwänden an die Anwesenheit sowjetischer Soldaten. Die Verewigung unter Angabe der Dienstzeit, häufig auch des Namens und/oder der Heimatstadt galt als beliebtes Ritual von Entlassungskandidaten. Manche davon reichten bis in die 50er-Jahre zurück. So ließen sich auf den verbliebenen Mauern Hinweise auf die Dimensionen des untergegangenen Riesenreiches finden – von Leningrad bis Samarkand.