Bebauungsplan | Erschließung
Nach dem Erfolg auf der 3. Deutschen Kunstgewerbeausstellung beschloss der Dresdner Möbelfabrikant Karl Schmidt im Herbst 1906, seine Fabrik zu vergrößern. Er hatte von Anfang an die Idee, dass neben dem Werk eine Siedlung in der Art einer Gartenstadt entstehen sollte. Den Platz dafür fand er in Hellerau und beauftragte den Architekten Richard Riemerschmid mit dem Bebauungsplan. Sein Entwurf verbindet die Fabrikanlage in der symbolischen Form einer Schraubzwinge mit den Wohngebäuden und Gemeinschaftseinrichtungen, die zusammen einen durchgrünten Organismus bilden. Die Idee der Gartenstadt kam von dem Engländer Ebenezer Howard. Nachdem 1902 die Deutsche Gartenstadtgesellschaft gegründet worden war, erhielt die Bewegung auch in Deutschland eine Plattform.
Hellerau nimmt Gestalt an – der Bebauungsplan von Richard Riemerschmid
Den ersten Plan zum Bau von Hellerau entwarf der Architekt und Künstler Richard Riemerschmid im Auftrag des Dresdner Möbelfabrikanten Karl Schmidt. Riemerschmid gehörte zur Elite der deutschen Jugendstilkünstler, hatte für Schmidt bereits neue Möbel entwickelt und auch 1906 für die 3. Deutsche Kunstgewerbeausstellung in Dresden mit ihm zusammengearbeitet. Mit ihrer modernen Gestaltung und der Verwendung nachhaltiger Werkstoffe trafen Schmidt und Riemerschmid genau den Nerv der Zeit und hatten großen Erfolg auf der Ausstellung. Die bisherige Produktionsstätte stieß bald an ihre räumlichen Grenzen und schon im Herbst 1906 beschloss Schmidt, seine Fabrik zu vergrößern und an einen neuen Standort zu verlagern. Er hatte von Anfang an die Idee, dass neben dem Werk eine Siedlung in der Art einer Gartenstadt entstehen sollte. Den geeigneten Platz dafür fand er in den nördlichen Höhen Dresdens, am Hellerwald zwischen Rähnitz und Klotzsche.
Wohnen und Arbeiten im durchgrünten Organismus
Im Jahr 1898 hatte der Engländer Ebenezer Howard seine Idee vorgestellt, mit einer Gartenstadt im Grünen ein eigenständiges Netzwerk von Wohnen, Arbeiten und Freizeit zu schaffen. Nachdem 1902 die Deutsche Gartenstadtgesellschaft gegründet worden war, erhielt die Bewegung auch in Deutschland eine Plattform. Als Howard 1912 Hellerau besuchte, hat ihm die Anlage sehr gefallen, weil sie „keine bloße Nachahmung der englischen Gartenstädte“ ist:
„In Hellerau tritt deutlich das Bemühen hervor, den Menschen Heime in der Nähe ihrer Arbeitsstätte zu bauen und Arbeit in die Nähe ihrer Heimstätten zu bringen.“ (aus: Dresdner Anzeiger, 14.09.1912)
Riemerschmids Bebauungsplan macht diese enge Verflechtung von Werksgelände, Wohngebäuden und Gemeinschaftseinrichtungen zu einem durchgrünten Organismus deutlich:
- das Werk ist das Herz
- die dem Gelände folgenden Straßen und Wege sind die Adern
- die Häuser sind die Organe
- das Grün der Gärten und Parks sind das tragende Skelett des Stadtraums
Die Fabrikanlage sollte die symbolische Form einer Schraubzwinge haben. Daneben waren zwei Siedlungskomplexe vorgesehen, im Osten für den genossenschaftlichen Kleinhausbau und im Westen für den privaten Landhausbau. Auf der Höhe sah Riemerschmid ein Gebiet für Wohlfahrtseinrichtungen vor. Der Wohlfahrtsgedanke und der unabhängige Besitz an Wohnraum spielten in seinem Konzept eine erhebliche Rolle. Außerdem bekam Hellerau mit dem Festspielhausgelände eine künstlerische Komponente, die es noch heute besonders macht.
Am 4. Juni 1908 wurde die gemeinnützige Gartenstadt Hellerau GmbH und bald darauf die Baugenossenschaft Hellerau eGmbH gegründet. 1909 fand die Grundsteinlegung für Werk und Siedlung statt.
Hellerau bekommt eine Straßenbahn
Für das außerhalb von Dresden liegende Hellerau beantragte Karl Schmidt schon im Juli 1907 die Verlängerung der Straßenbahnlinie 7. Nach viel Überzeugungsarbeit wurde sein Antrag im Mai 1908 bewilligt, die neue Linie sollte aber am Rand von Hellerau weiter nach Klotzsche führen. Im Juli 1910 begann der Bau und schon am 21. Dezember fand die Einweihungsfahrt statt. Die Haltestelle am Moritzburger Weg lag der Gartenstadt am nächsten und bekam darum den Namen „Hellerau“ sowie eine von Riemerschmid entworfene Wartehalle. Ende November 1911 beantragte Karl Schmidt den Bau einer Zweiglinie direkt nach Hellerau, die bereits am 14. März 1913 eingeweiht werden konnte. Sie führt heute bis zur Wendeschleife in Rähnitz.